Thema: Leiharbeit – Segen oder Fluch?

Stadtverbansvorsitzender Reiner Krzyzak-Zeller mit Referentin Eva Homolka

18. Juli 2017

In der zweiten Veranstaltung der SPD am 03.07.2017 ging es um das Thema „Leiharbeit – Segen oder Fluch?“ Die Referentin, Eva Homolka, berichtete in der Runde - als Angestellte einer Zeitarbeitsfirma - direkt aus der Praxis über ihre Erfahrungen.

Eva Homolka ging zuerst auf das öffentliche Image der Leiharbeit ein. Immer wieder - oberflächlich gesprochen - wird der Begriff Leiharbeit mit Begriffen wie „Sklavenhandel“ und „Ausbeutung“ in einem Atemzug erwähnt. Dies ohne die genauen Rahmenbedingungen oder Hintergründe zur Leiharbeit, besser Zeitarbeit genannt, zu kennen. Hier wird denjenigen Zeitarbeitsfirmen Unrecht getan, die seriös arbeiten und die ihre Arbeitnehmer tatsächlich nicht benachteiligen.

Klar gestellt hat die Referentin auch gleich zu Beginn, dass Zeitarbeit nur einen Anteil von 2% an allen anderen Beschäftigungsverhältnissen hat. Es handelt sich hier also um eine Minderheit und trotzdem wird ständig darüber diskutiert und das Thema in der Presse so in den Vordergrund gestellt, als ob es sich nicht nur um 2% sondern um 20% der Arbeitsverhältnisse handeln würde. Auch die Gewerkschaften tragen zur „Negativpresse“ bei, denn sie sind nicht zuständig für Zeitarbeits-verhältnisse, auch was z.B. die Gehaltsabrechnung für die Zeitarbeiter/innen betrifft. In den anderen europäischen Staaten wie z.B. in Skandinavien hat die Zeitarbeit einen sehr guten Ruf!

In den letzten Jahren wurden einige Verbesserungen bzw. Anpassungen am Arbeit-nehmerüberlassungsgesetz vorgenommen, so am Beispiel „Equal Pay“: hier erhalten Mitarbeiter nach 9 Monaten ununterbrochenem Einsatz in einem Kundenunternehmen das gleiche Entgelt wie ein vergleichbarer Stamm-Mitarbeiter. 5% Lohnerhöhung erhält der Mitarbeiter, wenn er in der Textil- und Bekleidungsindustrie eingesetzt ist nach 9 Monaten.

Der Mindestlohn bei der Zeitarbeit ist bereits höher als der gesetzliche Mindestlohn. Problematisch gesehen werden, so die Referentin, Branchen-tarifverträge z.B. im Metallbereich. Hier werden für Zeitarbeit höhere Löhne gezahlt, die den Mindestlohn für Zeitarbeit deutlich übersteigen und in gewisser Weise zu Ungerechtigkeiten in der Bezahlung führen.

Die Zeitarbeit ist ein Dreiecksverhältnis zwischen Personaldienstleister, Zeitarbeitnehmer und Kundenunternehmer. Zu beachten ist, dass die Einsatzdauer in einem Unternehmen nicht länger als 18 Monate betragen darf (AÜG-Reform zum 1.4.2017). Die Arbeitsverträge zwischen Zeitarbeitsfirma und Arbeitnehmer sind in der Regel unbefristet und sozialversicherungspflichtig. In "Nichteinsatzzeiten" erfolgt eine Entlohnung durch das Zeitarbeitsunternehmen.

Bei der Vermittlung der Zeitarbeitsverhältnisse wird grundsätzlich auf passgenaue Qualifikation geachtet; der/ die Interessent/in muss auch als Mensch in die Arbeitsstruktur der Firma hineinpassen. Insgesamt waren 71% der Zeitarbeiter/innen unmittelbar vor ihrem Beschäftigungsbeginn ohne Arbeit.

In der sich anschließenden Diskussion wurden die Entwicklungen in der Zeitarbeit kritisch hinterfragt. Es wurde thematisiert, dass in der Gesundheitsbranche Zeitarbeit sehr schwierig möglich ist. Insbesondere in der Altenpflege ist den Arbeitgebern wichtig, dass der/die Zeitarbeiter/in eine vertrauensvolle Beziehung zum Kunden aufbaut, das lässt sich allerdings bei einem Zeitarbeitsverhältnis meist schwer realisieren. In der Not bedienen die Zeitarbeitsfirmen auch den Gesundheitsbereich, damit die dort teilweise vorgeschriebenen Mindestbesetzungen für die Personalstärke erfüllt werden können; dies geht aber oft mit hohen Löhnen und mit befristeten (Monats-) Verträgen einher. Insgesamt eine mit hohen Kosten verbundene Aufrechterhaltung des Betriebsablaufes in z.B. Krankenhäusern oder der Altenpflege.

Eva Homolka hat das Thema sehr gut dargestellt und aus verschiedenen Blickwinkeln ausführlich beleuchtet. Reiner Krzyzak-Zeller dankte ihr im Namen des SPD-Stadtverbandes Alzenau mit einem guten Tropfen Frankenwein.

[AÜG = Arbeitnehmerüberlassungsgesetz]

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