Stellungnahme zum Haushalt 2023 durch die SPD-Fraktionsvorsitzende Anni Christ-Dahm

16. Dezember 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Noll,
sehr geehrte Vertreter*innen der Verwaltung und der Stadtwerke,
werte Bürger*innen, liebe Kolleg*innen im Stadtrat,

die SPD-Fraktion im Stadtrat Alzenau hat sich mit dem vorliegenden Zahlenwerk, dem Haushaltsplan 2023 kritisch auseinandergesetzt und möchte diesen in einigen ausgewählten Punkten kommentieren. Schon im letzten Jahr war die Rede von einem Rekordhaushalt mit einem Höchstvolumen von über 64 Millionen. Angesichts des immensen Investitions und Ausgabenvolumens wird fraktionsübergreifend gerne die Forderung nach Sparmaßnahmen geäußert oder gar die Etablierung einer dauerhaften Schuldenbremse. Das ist auch der Wunsch der SPD- Fraktion, allerdings belehrt uns der Rückblick auf das noch laufende Haushaltsjahr eines Besseren. Die Finanzmittel wurden restlos aufgebraucht und müssen im kommenden Jahr noch gesteigert werden, so dass das Haushaltsjahr 2023 mit einem Gesamtvolumen in Höhe von rund 76 Millionen eine neue Rekordmarke setzt. Zwar hat sich die Pandemie bedingte Krisensituation etwas entschärft, jedoch sorgen der Krieg in Europa sowie die weiter steigende Inflation für neue Probleme, deren Folgen sich sowohl im Haushalt 2023 bemerkbar machen als auch zunehmend unsere Bürgerinnen und Bürger belasten. Alzenau steht im kommenden Jahr vor großen Herausforderungen, denn die anhaltende Mittelknappheit bei gleichzeitigem Aufrechterhalten der kommunalen Daseinsvorsorge und nicht zuletzt das Erreichen der Klimaziele bedeuten immense kommunale Verpflichtungen, die wir in diesem Ausmaß bisher nicht erlebt haben. Nach 2 Jahren, die von einer Krisensituation gekennzeichnet waren, können wir also noch keine Entspannung verzeichnen, was mich zu einem Zitat von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder veranlasst: „Wenn Krise ist, muss man Krise managen“.

Das ist leichter gesagt als getan, aber so lapidar es klingen mag, managen heißt in erster Linie, unsere kommunalpolitischen Kernaufgaben zu erfüllen und konstruktiv zusammen zu arbeiten. So ist es einmal mehr angebracht, unser Augenmerk auf das Machbare zu fokussieren und das Erreichte zu sichern. In den vergangenen Jahren wurden große Projekte ins Leben gerufen, wie bspw. der Neubau des Feuerwehrgerätehauses und die Errichtung der 7- gruppigen KiTa in Wasserlos oder auch der Rathausanbau, um nur einige spektakuläre zu nennen. Hier gibt es keinen Spielraum und keine Möglichkeit zur Umkehr, der politische Wille ist umzusetzen, so dass auch in den kommenden Jahren Finanzmittel fließen müssen. Wir können allerdings darauf achten – und die SPD-Fraktion wird dies in besonderem Maße auch tun - dass die veranschlagten Ausgaben in einem überschaubaren und kalkulierbaren Rahmen bleiben und nicht von Jahr zu Jahr nach oben korrigiert werden müssen.

Lassen Sie mich einige Kernbegriffe herausgreifen, die den Haushalt 2023 kennzeichnen. Auf der Einnahmenseite des Verwaltungshaushalts ist im kommenden Jahr erfreulicherweise wieder eine Schlüsselzuweisung vom Freistaat in Höhe einer guten halben Million zu verzeichnen. Dieser Betrag reicht jedoch nicht einmal, um die erneut um 0,7 Millionen gestiegene Kreisumlage aufzufangen. Mit einem Gesamtbetrag von 12,15 Mio € erreicht die Kreisumlage eine neue Rekordsumme, die unseren Haushalt entsprechend belastet. Hier wäre in den Folgejahren eine Entspannung dringend angeraten.

Die Zuführung an den Vermögenshaushalt konnte in 2023 wieder gesteigert werden und beträgt mit 3 Mio € 16 % der Gesamtfinanzierung. Um den Haushaltsausgleich sicherzustellen, waren außerdem eine Entnahme aus der allgemeinen Rücklage in Höhe von über 4 Mio € sowie eine Darlehensaufnahme von 3 Mio € erforderlich. Entnahmen, Zuführungen und Neuverschuldung stellen somit die Hauptmittel der Haushaltsfinanzierung dar, was die SPD-Fraktion nolens volens in Kauf nimmt. Immerhin stehen der Kreditaufnahme Tilgungen von 1,8 Mio € gegenüber und die verbleibende Rücklage liegt mit 3% Anteil an den Gesamtausgaben noch im Durchschnittsbereich.

An dieser Stelle erfolgt natürlich auch von unserer Seite der obligatorische Kommentar zur Schuldenentwicklung unserer Stadt. Erfreulicherweise ist eine geringe Abnahme der Pro-Kopf-Verschuldung zum Jahresende zu verzeichnen, aber mit über 1000 € liegt der Schuldenstand pro Einwohner in Alzenau noch weit über dem Landesdurchschnitt. Hier sei jedoch erwähnt, dass sich dieser Vergleich auf den Landesdurchschnitt der Kommunen von 10.000 bis unter 20.000 Einwohner bezieht. Es mag daher ein schwacher Trost sein, dass Alzenau noch relativ gut abschneidet im Vergleich zum gesamtbayerischen Schuldenstand pro Einwohner, der aktuell bei über 1.500 € liegt.

Zur Deckung der Ausgaben im Vermögenshaushalt sollen und müssen auch in 2023 Grundstücksverkäufe getätigt werden, die mit 3,3 Mio € veranschlagt sind, was einem Anteil von rund 18% entspricht. Die SPD-Fraktion begrüßt dies, doch es bleibt abzuwarten, ob die Verkaufserlöse auch entsprechend realisiert werden können. Gerade bei den Industriegrundstücken handelt es sich um das sprichwörtliche Tafelsilber der Stadt, das daher zum angemessenen Preis zu veräußern ist, denn Alzenau ist und bleibt ein attraktiver Industriestandort, der langfristige Perspektiven bietet.

Wir machen dabei keinen Hehl daraus, dass wir uns nach wie vor für eine Ansiedlung der Wellpappe im Industriegebiet aussprechen unabhängig von der derzeitigen Rechtslage. Wir bedauern, dass es bisher nicht gelungen ist, eine tragfähige Verhandlungsbasis zu finden und halten die Wiederaufnahme des Dialogs für unumgänglich um das jetzige Wellpappengelände für die Stadtentwicklung nutzbar zu machen.

Was die Neuerschließung von Grundstücken zur Schaffung von privatem Wohnraum betrifft, so muss man sich darüber im Klaren sein, dass jeder Neubau auch eine entsprechende Entwicklung der Infrastruktur – sprich schulische Kapazitäten und Betreuungsplätze in KiTas und Horten nach sich zieht, die es zu realisieren gilt. Derzeit sind die städtischen Bau und Sanierungsprojekte aber vollends damit ausgelastet, die aktuellen Bedarfszahlen zu bedienen. Zwar hat sich Alzenau zu einem begehrten Wohnort entwickelt, wie die immense Nachfrage nach Wohnraum beweist, die durchschnittlichen Mietpreise haben jedoch ein unangemessenes Niveau erreicht, das in keiner Weise mehr sozial verträglich ist, sondern Spekulationsgeschäften Vorschub leistet. Die SPD erneuert daher ihre Forderung nach Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, auch wenn dies mittlerweile einen gebetsmühlenartigen Charakter annimmt. Bei der zukünftigen Ausweisung von Wohnraum sollte daher zwingend ein Prozentsatz an sozialem Wohnraum festgelegt werden. Auch werden wir uns im nächsten Jahr für eine Ausweitung der Aktivitäten der städtischen Wohnbau GmbH einsetzen. Sollte ein neuer Standort für die VHS gefunden werden käme bspw. die Kälberauer Klause als sozial geförderter Wohnbau in Frage.

Das Gesamtvolumen beider Haushalte hat sich gegenüber dem Vorjahr nochmals um 11,6 Mio oder 18% gesteigert. Mehr als die Hälfte dieser stolzen Summe, nämlich gut 6,5 Mio entfallen davon allein auf den Vermögenshaushalt. Dieser immense Sprung begründet sich hauptsächlich in den gestiegen Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen, die mit einem Gesamtvolumen von knapp 17 Mio 90 % des Vermögenshaushaltes ausmachen. Anhand dieser gewaltigen Zahlen ist erkennbar, dass Alzenau in seine Zukunft investiert und damit auch beständige Vermögenswerte schafft.

Was die Mittelherkunft im Verwaltungshaushalt betrifft, so ist mit der Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen um ein Drittel auf 15 Mio € eine äußerst positive Entwicklung zu verzeichnen. Auch der Einkommensteueranteil beschert uns im kommenden Haushaltsjahr ein leichtes Plus, so dass der Haushalt 2023 erstmals wieder eine freie Spitze in Höhe von 1,2 Mio € aufweist, ein erfreulicher Lichtblick, den wir lange nicht sehen konnten. Einmal mehr beweist dies, dass wir auch in Zukunft darauf achten müssen, in Alzenau Gewerbebetriebe anzusiedeln, die nicht nur unsere Gewerbesteuereinnahmen erhöhen, sondern auch attraktive Arbeitsplätze vor Ort schaffen.

Eine weitere wichtige Einnahmeposition im Verwaltungshaushalt stellen die Zuschüsse für laufende Zwecke dar, die im Vergleich zum Vorjahr spärlicher fließen werden. Leider sind die Fördermittel knapper bemessen, so dass uns im Haushaltsjahr 2023 rund 400 T € weniger zur Verfügung stehen. An dieser Stelle gilt unser Dank erneut allen Verantwortlichen aus der Verwaltung, die sich sorgfältig darum kümmern, dass alle Zuwendungen und Fördermittel in Alzenau ankommen.

Um die vielfältigen Aufgaben der Stadtverwaltung und im Eigenbetrieb wahrzunehmen ist qualifiziertes und motiviertes Personal vonnöten, aber das hat auch seinen Preis. 420 Mitarbeiter*innen verursachen Personalausgaben in Höhe von 15,5 Mio und stellen somit den größten Kostenblock im Verwaltungshaushalt dar. Im Vergleich zum Vorjahr ist eine Steigerung um knapp 6% zu verzeichnen, was einem Anteil von 27% an den Gesamtausgaben des Verwaltungshaushalts entspricht. Die SPD vertritt die Meinung, dass ein Anteil von 25% ausreichend und vertretbar ist, dennoch nehmen wir die Erhöhung in Kauf, da diese weitgehend durch Stellenmehrungen begründet ist, die wir als sinnvoll erachten. So werden z.B. im Bereich Kinderbetreuung eine pädagogische Fachkraft eingestellt sowie ein Klimaschutzmanager, der auch als Mobilitätsbeauftragter fungieren soll. Die vielfältigen neuen Aufgabenbereiche im Umweltschutz, in der Digitalisierung und im Betreuungsbereich erfordern neue Arbeitsplätze und erhalten die Leistungsfähigkeit unserer Stadt - ob wir nun wollen oder nicht, wir müssen mit der Zeit gehen. In den Folgejahren sollte jedoch bei den Personalkosten eine Deckelung auf 25% der Gesamtausgaben angestrebt werden.

Besonders die Betreuungssituation in den Kindergärten und Horten soll in diesem Zusammenhang noch Erwähnung finden. Zwar ist die Lage wegen der anhaltenden Personalknappheit angespannt, die SPD ist jedoch der Meinung, dass wir in Alzenau weiterhin stolz auf das vorhandene Angebot sein können, da wir in puncto Öffnungszeiten, Betreuungsschlüssel und Vielfalt der Einrichtungen noch überdurchschnittlich gut aufgestellt sind. Um das Erreichte zu sichern müssen alljährlich immense Mittel aufgewendet werden unabhängig von den geplanten Investitionen in Neubauprojekte. Auch im kommenden Haushaltsjahr ergibt sich eine Unterdeckung bei den Betreuungseinrichtungen von über 5 Millionen. Die SPD-Fraktion steht dahinter, dass dieser Betrag zum Wohle unserer jüngsten Mitbürger*innen geschultert wird. Als dauerhaftes Ziel sehen wir aber die Eindämmung des Defizits aus dem Sozial- und Erziehungsbereich an. Eine schwarze Null werden wir hier weiterhin nicht schreiben, darüber müssen wir uns im Klaren sein.

Was den Finanzplan betrifft, so entfällt ein großer Investitionsanteil auf die Aktivitäten rund um die Feuerwehr. Alzenau nimmt erhebliche Mittel in die Hand, um unsere Feuerwehr leistungsfähig und auf dem neuesten Stand zu halten. Das ist wichtig und notwendig, denn es ist kommunale Pflichtaufgabe, den abwehrenden Brandschutz zu gewährleisten. Der geplante Feuerwehrneubau im Prischoß ist eine sinnvolle und notwendige Maßnahme, für die im Finanzplan bis 2025 rund 9 Mio € veranschlagt waren. Die SPD steht hinter diesem Großprojekt, allerdings können wir nicht nachvollziehen, dass die kalkulierte Summe durch ein geändertes Raumkonzept mittlerweile auf 12 Mio gestiegen ist. Hier müssen die Umstände in der Projektgruppe nochmals analysiert werden.

Mit der Erweiterung des Michelbacher Feuerwehrhauses, den Neuanschaffungen von Fahrzeugen und den laufenden Aufwendungen für alle übrigen Feuerwehren ergibt sich im Haushalt 2023 eine Summe von über 1,8 Mio €. Dieser Betrag wird bekanntlich vom Freistaat nur in geringem Umfang gefördert, so dass die Hauptlast bei den Kommunen verbleibt. Auch dies zu stemmen gehört zu unseren Pflichtaufgaben, denn unsere Feuerwehr ist uns im wahrsten Sinne des Wortes lieb und teuer.

Abschließend möchte ich noch einen Kommentar zum Ergebnis der Stadtwerke machen, das uns wie gewöhnlich ein Defizit beschert und den Haushalt 2023 mit über 2 Mio € belastet. Es ist sinnlos, immer wieder zum Sparen zu ermahnen, wenn die öffentlichen Aufgaben ein ständig wachsendes Ausmaß erreichen, dessen Reduzierung nicht verhandelbar ist. Die Darlehensaufnahme von 4,6 Mio € fließt je zur Hälfte in den Kanalbau und die Kläranlage. Ob Wasserversorgung und Kanal- und Straßenbau, Kläranlage, Öffentliches Grün, Bäder und Hallen, die Mitarbeiter der Stadtwerke sichern unsere kommunale Daseinsvorsorge. Alleine die immens gestiegenen Energiekosten, die im Verwaltungshaushalt eine Steigerung von 700 T € ausmachen, werden im nächsten Haushaltsjahr auch das Ergebnis der Stadtwerke negativ beeinflussen.

Einsparungspotenzial ist lediglich bei den freiwilligen Leistungen vorhanden, aber gerade diese sind bei den Alzenauer Bürger*innen beliebt. Nach dem Motto „Kleinvieh macht auch Mist“ halten wir jedoch eine moderate Erhöhung der Eintrittspreise für die Bäder für zumutbar. Außerdem sollte hier in der nächsten Saison dringend die Einführung von Parkgebühren in Angriff genommen werden.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Ausgleich des Haushaltes 2023 vorbehaltlich gravierender Unwägbarkeiten sichergestellt werden kann, auch wenn die SPD-Fraktion nicht mit jeder einzelnen Position einverstanden ist. Der kommunale Haushalt dient als Ermächtigungsgrundlage für alle anstehenden Maßnahmen. Wir respektieren dies und stimmen daher der Satzung mit Haushaltsplan, dem Stellenplan, dem Finanzplan und dem Wirtschaftsplan der Stadtwerke für das Jahr 2023 zu.

Ich komme zum Schluss mit einem Zitat von Ex-Finanzminister Hans Eichel, das mir fürs nächste Jahr angebracht erscheint: „…es muss noch konsequenter geprüft werden, was man sich noch leisten kann und will - beziehungsweise wo man mehr leisten muss, damit man sich mehr leisten kann.“ Bleibt mir nur noch “Danke“ zu sagen und zwar allen Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung sowie der Stadtwerke für die konstruktive Zusammenarbeit. Natürlich gilt unser Dank auch dem Rathauschef sowie allen Kolleg*innen im Stadtrat.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Haushaltsrede 2023 SPD-Fraktion

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